Allgemeine Beschreibung des Schwarmvorgangs im Bienenvolk.

Wie kommt es dazu?

Das Schwärmen ist der natürliche Vermehrungsvorgang eines Bienenvolkes.
In der "modern" geführten Imkerei der letzten Jahrzehnte sollte diese natürliche Vermehrung von Bienenvölkern eigentlich nicht mehr vorkommen. Der Vorgang beschäftigt in der Haupt-Tracht-Zeit ein Bienenvolk so sehr, dass der Honig-Ertrag darunter leidet. Heute (seit ca. 2010) wird wieder die "reinigende" Kraft des Schwarms entdeckt und im Bezug auf das Zusammenleben der Biene mit der Varroa-Milbe wieder eher akzeptiert. In der Praxis ist und war dieser Vorgang jedoch auch in "modern" geführten Imkereien nicht immer zu vermeiden.

Die enorme Leistung eines Bienenvolkes, die hinter diesem Naturereignis steckt kann man vielleicht am besten erahnen, wenn man sich den Entwicklungsverlauf eines Bienenvolkes innerhalb eines Jahres betrachtet.

Gewichtsverlauf 2015

Hier, links sieht man den Gewichtsverlauf aller Völker meines Bienenstandes im Jahr 2015. In der Grafik ist jedoch nicht das ganze Jahr erfasst, sondern nur die Zeit vom 10. Januar bis zum 15. September. Auf die Darstellung der fünf fehlenden Monate habe ich verzichtet, weil sich am Gewicht der Völker in dieser Zeit "eh nichts tut". Die Bienen zehren vom Futter, das sie im Stock gespeichert haben und nehmen dadurch kontinuierlich leicht an Gewicht ab.

Rechnet man diese 5 Monate zu den sichtbaren 3 Monaten hinzu, in denen sich das Gewicht der Völker nur unwesentlich verändert, so kommt man auf einen Zeitraum von ca. 8 Monaten im Jahr, in dem sich das Gewicht der Bienenvölker nur leicht verändert, also keine gravierende Auf- oder Abwärtsbewegung der Entwicklung zu beobachten ist.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ein Bienenvolk in nur 4 Monaten alles leisten muss, was nötig ist um sich zu vermehren, mit Futter für den nächsten Winter zu versorgen, daneben dem Imker noch einen guten Honigertrag zu liefern, in der Natur ganz nebenbei eine enorme Bestäubungsleistung zu erbringen und wieder zurück zu schrumpfen auf eine Größe, die eine sichere Überwinterung ermöglicht.

Man kann sich vorstellen, dass all dies in einem enormen Tempo vollzogen werden muß, wenn es gelingen soll.

Apfelblüte

Die Vermehrung fällt dabei in den zweiten und dritten Monat der aktiven Zeit des Bienenvolkes. Im Jahr 2015 war dies bei meinen Bienen der Mai und Juni des Jahres. Man sieht am Gewichtsverlauf, dass Mitte April das Gewicht der Völker sprunghaft beginnt zu steigen. Dies ist der Zeitpunkt, in dem die ersten Obstbäume voll in der Blüte stehen und der Raps in der ganzen Fläche beginnt zu blühen.
Die Bienen tragen Massen an Pollen (dem Futter der Jungbienen) und Nektar in den Stock. Im Volk schlüpfen täglich tausend und mehr Jungbienen, die mit dem Nektar und Pollen der ersten Obstgehölze, der Weiden und der Frühblüher, wie Löwenzahn, Buschwindröschen und der Gleichen heran gefüttert wurden. Die Königin legt "im Akkord" Eier (Stifte), die wieder zu Brut und Bienennachwuchs führen.

volle Wabe

Die Wärme außerhalb und innerhalb des Bienenstocks steigt und der Platz in der Beute wird rar. Nicht nur der Platz zwischen den Waben, sondern auch der Platz in den Waben wird durch eingelagerten Pollen, heranwachsende Brut und Honig immer weniger. Die Königin findet kaum freie Zellen, um ihre Stifte ablegen zu können. Zusätzlich reicht ihr Pheromon, ein Stoff, den sie absondert und an ihre Bienen verteilt, um den Zusammenhalt im Stock sicherzustellen nicht mehr aus, um alle Bienen zu erreichen.

In dieser Phase, die schon Anfang Mai bis Mitte Mai gekommen ist, bestiftet die Königin die von den Arbeitsbienen angelegten Weiselnäpfchen. Aus diesen Stiften zieht sich das Volk innerhalb von 16 Tagen junge Königinnen, die schlüpfen wollen. Kurz vor dem Schlupf der ersten Jungkönigin, an einem sonnigen Tag zieht dann die alte Königin mit ca 60 bis 80% aller Bienen, die sich zu der Zeit im Volk befinden aus, um an einem anderen Platz ein neues Volk zu gründen.

Der Vorgang selbst ist durch den natürlichen Ablauf im Bienenvolk ausgelöst. Der Imker kann und will in das Geschehen zu seinen Gunsten eingreifen. Nicht immer gelingt es ihm, die Natur zu überlisten.


Stiftende Königin.

Diese Aufnahmen einer stiftenden Königin konnte ich im Sommer 2016 mit dem Smartphone in einem Schaukasten filmen. Den Schaukasten hatte ich für einen Besuch der Vorschüler des Altheimer Kindergartens vorbereitet. Die Königin ist eine junge Königin, die ich ca. 14 Tage vor diesen Aufnahmen dem Ableger in dem Schaukasten zum Ausfressen im Zusetzkäfig gegeben hatte. Sie bestiftet hier die wenigen Zellen, die zwischen den gefüllten Honigwaben noch frei sind. Dort war kurz vorher noch junge Brut geschlüpft, die ich dem Ableger gegeben hatte. Die Königin wurde nach dem Schlupf im Pflegevolk auf dem Bruststück mit einem Opalith-Plättchen mit der Nummer 1 gekennzeichnet. Das Blättchen ist weiß, die Farbe aller Königinnen, die 2016 geschlüpft und gekennzeichnet wurden.
Das Gackern, das man im Hintergrund hört, hat übrigens nichts mit der Legetätigkeit der Königin zu tun, es ist eines meiner Hühner, das vermutlich auch gerade ein Ei gelegt hatte.

Wie läuft es ab?

Wer einmal das Schwärmen eines Bienenvolkes von Anfang bis Ende miterlebt hat, der ist beeindruckt von dem komplexen Vorgang, den die "Geburt" eines Bienenvolkes begleitet.

Auslöser des Vorgangs sind mehrere Dinge:

  • Das Bienenvolk muss kräftig sein.
  • Auf den Waben muss der letzte Platz mit Bienen, Honig oder Brut belegt sein.
  • Mehrere Weiselzellen müssen schlüpfreif im Volk vorhanden sein.
  • Das Wetter muss schön sonnig und stabil sein.
  • Die alte Königin muss flugfähig sein.
  • Das Königinnenpheromon kann nicht mehr alle Arbeiterinnen im nötigen Maße erreichen.


  • Die Flugfähigkeit der Königin erreicht Diese nach gängiger Meinung dadurch, dass sie in den Wochen vor dem Schwärmen im Stock einer Art "Fitnesstraining" unterzogen wird, indem sie durch die Bienen immer wieder dazu gedrängt wird, sich zu bewegen.

    Nach meinen Beobachtungen ist dies nicht der Fall. Ich bin der Meinung, dass die alte Königin ihre Flugfähigkeit dadurch erreicht, dass im Brutnest kaum noch freie Zellen vorhanden sind, die sie bestiften kann. Durch die spärlich vorhandenen freien Zellen ist die Königin zu Ablage ihrer Eier vielmehr gezwungen, "weite Wege" zu gehen. Auf der Suche nach den wenigen freien Zellen ist sie gezwungen, das gesamte Brutnest immer wieder am Rand abzusuchen, um ihre Eier "los zu werden". Sie wird dabei immer hektischer im Bienenstock umher krabbeln und unterzieht sich selbst, ohne Antrieb durch die anderen Bienen, so diesem "Fitnesstraining". Bedingt durch diese Anstrengung und durch die Tatsache, dass sie trotz dem die gewohnte Menge an Stiften nicht mehr los wird, lässt auch ihre Legetätigkeit nach. Ihr Hinterleib wird dadurch wesentlich dünner, sie wird leichter und durch das ständige Krabbeln und Suchen auch körperlich stärker. Erst dann ist sie nach einigen Tagen oder Wochen wieder flugfähig. Auch die Abgabe des Königinnenpheromons an den Hofstaat wird durch diese schnellen Wanderungen durch die Beute eingeschränkt.

    Erst wenn alle Bedingungen erfüllt sind, fühlt sich das Volk zum Schwarm gedrängt.

    Wenn man am Bienenstand ist, dann kann man kurz vor dem Fall eines Schwarmes feststellen, dass alle Bienenvölker ihren Trachtflug merklich eindämmen. Es wird für eine kurze Zeit ganz ruhig am Bienenstand. Das ist der Moment, in dem im Schwarmvolk schon erhebliche Unruhe eingetreten ist.
    Begünstigt durch diese Unruhe steigt in diesem Volk natürlich auch die Temperatur und weil ein sonniger Tag ist, müssen die Bienen unbedingt ins Freie, wenn sie eine Überhitzung des Innenraums ihrer Beute verhindern wollen.

    In dem Moment, in dem der Schwarm den Stock verlässt, hat man den Eindruck, der Stock würde auslaufen. Die Bienenmassen ergießen sich in einem Strom, der einer zähen Flüssigkeit gleicht aus dem Flugloch ins Freie. Alle Bienen rennen schnell an den Rand des Flugbrettes, wo sie sich teilweise sogar in ganzen Klumpen einfach fallen lassen um im Fall erst den Flug zu beginnen. Der Schwarm fällt. Bei einem Volk, das auf vier Zargen sitzt, können bei diesem Vorgang gut und gerne 30.000 Bienen aus dem Stock "gespült" werden. Die Königin führt diesen Zug nicht an, sondern ist mitten drin. Sie wird quasi mit der gesamten Bienenmasse aus dem Stock "heraus gerissen".

    Schwarm im Flug

    Hier zum Vergleich der Bienenstand in Volltracht.

    Die Luft vor dem Bienenstand füllt sich innerhalb von 5 Minuten so sehr mit fliegenden Bienen, so dass man meinen könnte, der Himmel verdunkelt sich. Obwohl jetzt beinahe nur die Bienen des Schwarms vor dem Bienenstand in der Luft sind, ist das Geräusch dieser "Wolke" aus Bienen nun wesentlich lauter, als das Geräusch das die Sammelbienen des gesamten Bienenstandes normalerweise vor dem Stock erzeugen. Die Bienenwolke breitet sich zunächst über einen Raum von ca. 6x6x6 Meter aus, der langsam immer größer wird. Innerhalb dieser Bienenwolke fliegen die Bienen ständig hin und her, vom Stock weg und wieder zurück. Dies ist die Phase, in der sich der Schwarm in der Luft formatiert, um sich dann beinahe ohne merkbaren Übergang in Bewegung zu setzen. Steht in der Nähe ein Baum, oder ein Gebüsch, so merkt man schon nach ca. 15 Minuten, dass sich die Bienenwolke in der Nähe des Astwerks verdichtet.

    Dort lassen sich immer mehr Bienen auf den Blättern nieder. Bald kann man erkennen, dass sich an einem der Äste langsam eine Art Zapfen aus Bienenleibern bildet. Die Wolke verdichtet sich immer mehr um diese Stelle und alle Bienen, auch die Königin versammeln sich nach und nach dort. Der Schwarm bildet eine immer größer werdende Traube, bis er dann nach ca. 30 bis 60 Minuten beinahe vollständig an seinem ersten "Rastplatz" hängt. Bei größeren Schwärmen kommt es auch vor, dass zwei Trauben in unmittelbarer Nähe zueinander an dünneren Ästen hängen. Beim ersten Rastplatz, den sich der Schwarm sucht, setzt sich die Bienenmasse auch beinahe immer im äußeren Bereich des Baumes oder Busches nieder, sodass er auch aus einiger Entfernung gut sichtbar ist.

    Während der Schwarm in der Luft ist kann man sich ohne Probleme mitten in die Bienenwolke stellen. Man wird von keiner Biene gestochen, auch dann nicht, wenn sich mehrere auf einem nieder lassen. Dieses Verhalten wird alljährlich für die Aufnahme spektakulärer Bilder genutzt, die dann als "Bienenbart" oder ähnliches in den Medien veröffentlicht werden.

    Wenn die Schwarmtraube sich am Baum oder einem Gebüsch gesammelt hat und immer ruhiger wird, kommt die Zeit des Imkers. Nun hat er ca. 1 bis 2 Stunden Gelegenheit, den Schwarm zu fassen. Er nimmt dazu einen speziellen Fangkasten in der Art eines Trichters, hält ihn mit der Öffnung unter die Schwarmtraube und schüttelt den Ast mit einigen kräftigen Stößen so stark, dass die Bienentraube in den Fangkasten fällt.
    Der Kasten wird mit einem Deckel so verschlossen, dass noch ein Schlitz bleibt, der es den Bienen erlaubt hindurch zu schlüpfen. Danach wird der Fangkasten, mit dem Deckel nach unten auf Den Boden unterhalb der Stelle gestellt, an der die Schwarmtraube gehangen war. Viele Bienen fallen bei diesem Vorgang auch neben den Fangkasten und andere fliegen, auch wenn sie schon im Kasten waren wieder auf, sodass sich zunächst an der Stelle, wo die Bienentraube war wieder eine kleine Traube aus Bienenleibern bildet. Die Masse aber merkt sofort, dass sie sich in einem Hohlraum befindet, der ja für ein Bienenvolk eine ideale Behausung darstellt und verbleibt im Fangkasten.
    Es dauert danach ca. wieder 15 bis 30 Minuten, in der die Bienen, die sich noch außerhalb des Kastens befinden "merken" (sich gegenseitig darüber informiert haben), dass der Fangkasten der ideale Platz ist, an dem sie sich nun sammeln sollten.

    Nach ca. 1 Stunde hat sich die Resttraube am Baum aufgelöst und beinahe alle Bienen sitzen auf - oder im Fangkasten.
    Ob bei diesem Fassen des Schwarms nun die Königin gleich zu Beginn in den Fangkasten gefallen ist, oder nicht, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass die Mehrheit der Bienen den Kasten für "gut" befunden hat und dort geblieben ist. Die anderen, auch die Königin ziehen danach innerhalb ca. 1 Stunde von selbst in den Fangkasten hinein.

    Wenn beinahe alle Bienen im Kasten sind, dann kann der Imker Diesen ins Bienenhaus tragen und in eine in der Zwischenzeit bereit gestellte Beute mit Mittelwänden einschlagen. Der Bienenschwarm besetzt dort sofort die Mittelwände, beginnt Diese auszubauen und sich einzufliegen. Dabei ist es völlig unerheblich, ob das neue Volk direkt neben dem Muttervolk aufgestellt wird, oder zwei, drei Plätze weiter entfernt. Die Bienen des Schwarms bleiben im neuen Stock und gründen dort ihr neues Volk. Kaum eine Biene, bis auf die wenigen, die am ersten "Rastplatz" des Schwarmes zurückgeblieben sind, kehrt in die alte Beute zurück.
    Die Königin im ersten Schwarm eines Volkes, dem "Vorschwarm" ist immer die "alte" Königin des bisherigen Volkes. Sie braucht nicht begattet zu werden und kann daher schon am nächsten Tag, wenn die ersten Waben ausgebaut sind mit dem Stiften beginnen. Das junge Volk wird daher schnell anwachsen und kann im gleichen Sommer noch Honig abwerfen.


    Schwarmintelligenz!

    Wird der Schwarm an seinem ersten "Rastplatz" vom Imker nicht gefasst, so spielt sich auf der Schwarmtraube im Baum das ab, was auch bei wilden Bienenvölkern vor sich geht. Mit Hilfe der "Schwarmintelligenz" muss sich das junge Volk einen Hohlraum suchen, der als Behausung für mehrere Jahre dienen kann. Denn im Freien, an den Ästen eines Baumes hängend kann in unseren Breiten kein Bienenvolk den Winter überstehen. Wenn das Bienenvolk Glück hat, dann findet es schnell eine geeignete Höhle in der Nähe, in die es direkt vom ersten "Rastplatz" aus einziehen kann. Wenn dies nicht der Fall ist, wird zwischen "erstem Rastplatz" und "endgültiger Behausung" noch ein "Zwischenplatz" angeflogen, der in der Regel auch an einem Baum, jedoch in größerer Höhe und weiter innen in der Baumkrone, an dickeren Ästen und besser geschützt vor Witterungseinflüssen gelegen ist. Der "Zwischenplatz" liegt vom Bienenstand, an dem das alte Volk aufgestellt ist weiter weg, als der erste Rastplatz. Auch dieser Zwischenplatz wird von den Bienen mit Hilfe der "Schwarmintelligenz" gesucht.

    Demokratische Volksabstimmung

    Die Entscheidungsphase, die vor dem Aufbruch des Schwarmes an den Zwischenplatz oder an den endgültigen Standort statt findet, kann man besonders, wenn nicht gleich ein eindeutig guter Platz gefunden wird sehr gut auf der Schwarmtraube beobachten. Die Königin ist entgegen der weit verbreiteten Meinung von Nicht-Imkern an dieser Entscheidung überhaupt nicht beteiligt.

    Folgender Vorgang läuft bei der Findung des künftigen Platzes in dem Bienenschwarm ab:

    Gleich nach dem Absetzten des Schwarmes fliegen die ersten "Spurbienen" los und suchen nach einem geeigneten Hohlraum, in dem das Bienenvolk mehrere Jahre überdauern kann. Es handelt sich bei den Spurbienen um ältere Arbeiterinnen, die schon im bisherigen Volk mit dem Honig sammeln beschäftigt waren. Sie strömen für ihre Suche nach allen Seiten aus und suchen außerhalb des Flugradius des alten Volkes nach Hohlräumen. Geschützte Plätze auf Bäumen werden auch innerhalb dieses Radius akzeptiert.
    Haben die Spurbienen einen nach ihrer Meinung geeigneten Platz gefunden, so kehren sie zum Schwarm zurück und "melden" dies der Schwarmtraube. Hierzu setzten sie sich auf der "Außenhaut" der Traube ab und beginnen, die Richtung und Entfernung, in der sich der gefundene Platz befindet per Schwänzeltanz mitzuteilen. Die Bienen in der unmittelbaren Umgebung der tanzenden Biene nehmen diese Information auf und fliegen mit der "meldenden" Spurbiene zu dem von ihr gefundenen Platz oder Höhle und "begutachten" diese. Beim Fund einer Behausung prüfen die Bienen mehrere Faktoren. Die Größe der Höhle wird dabei ebenso geprüft, wie die Lage, die Trockenheit, die Größe und Anzahl der Öffnungen, die Himmelsrichtung und der Schutz des künftigen "Flugloches" vor eventuellen Feinden.

    "Gefällt" den prüfenden Bienen die Behausung, so fliegen sie zurück zur Schwarmtraube und tanzen auf Dieser für den eben gefundenen Platz.

    In der Zwischenzeit haben andere Spurbienen mit anderen Bienen aus der Schwarmtraube einen anderen Platz auf gleiche Weise "besichtigt" und werben nun ebenfalls auf der Schwarmtraube für den von ihnen gefundenen Platz.

    Mehrere Bienen der jeweils anderen Gruppe werden durch diese Tänze nun angeregt, den jeweils anderen Platz zu "besichtigen". Kommen sie bei dieser "Besichtigung" zur Überzeugung, dass der andere Platz besser geeignet ist, als der zuerst besichtigte, so fliegen sie zur Schwarmtraube zurück und werben dort mit einem Tanz für den zweiten, besseren Platz.
    Immer mehr Bienen auf der Schwarmtraube werden so von immer besser geeigneten Plätzen "überzeugt", bis alle Spurbienen und zuletzt beinahe alle Sammelbienen der Schwarmtraube vom besten Platz überzeugt sind.

    Alle tanzen nun auf der Schwarmtraube für die selbe Richtung und Entfernung. Die Unruhe auf der Traube wird immer größer und es beginnt der Aufbruch zum neuen Platz oder gar zur endgültigen Behausung, den sich der Schwarm auf diese Weise ausgesucht hat.

    Die Bienen lassen sich auch bei diesem Aufbruch, wie beim Verlassen der alten Beute in ganzen Klumpen von der Schwarmtraube fallen und gehen dabei in die Flugphase über. Ist die ganze Traube in der Luft, beginnt der "Marschflug" zum neuen Platz. Auch hier fliegen die Bienen wieder innerhalb der Wolke vor und zurück, und teilen so innerhalb der Wolke immer wieder den anderen die Richtung mit, in der die Wolke sich bewegen soll.

    Beim Flug zu einem "Zwischenplatz" wird der Schwarm kein großes Tempo aufnehmen, da ein Zwischenplatz immer nicht besonders weit vom ersten Rastplatz entfernt liegen wird.
    Fliegt der Schwarm jedoch an seinen endgültigen Platz, an dem er mehrere Jahre verbringen wird, so liegt dieser Platz im Normalfall außerhalb des Flugkreises des bisherigen Volkes. Mehrere Kilometer liegen im Regelfall zwischen alter und neuer Behausung.

    In diesem Fall wird die Bienenwolke bei ihrem Flug wesentlich an "Fahrt" aufnehmen. Eine Verfolgung der Wolke zu Fuß ist nun für den Imker nicht möglich. Erlebt man jedoch diesen Moment des Aufbruchs mit und hat gerade sein Auto, oder gar ein Motorrad am Bienenstand bereit stehen, so ist man als Imker durchaus in der Lage, einen solchen "Marschflug" eines Bienenschwarmes zu verfolgen.

    Da in der heutigen Zeit die Auswahl an Bienen-tauglichen Behausungen für herrenlose Schwärme nicht so groß ist, kann ein erfahrener Imker schon an der grob eingeschlagenen Richtung des Fluges erkennen "wo es hin geht". Dabei sind alte Gebäude mit mehreren größeren Hohlräumen im Mauerwerk ebenso ein oft angeflogenes Ziel, wie leer stehende, alte Bienenhäuser oder alte große Bäume mit einem Hohlraum. Schon mehrere Male war ich dann mit meinem Motorrad vor Eintreffen des Schwarms an dessen neuer Behausung und konnte zusehen, wie das Volk in seinen neuen "Bienenstock" eingezogen ist. Wenn dies ein Hohlraum in der Mauer eines Gebäudes oder im Stamm eines alten Baumes ist, hat der Schwarm "gewonnenen" und ist dem Zugriff durch mich "entronnen". Zieht er in ein verlassenes Bienenhaus ein, dann habe ich die Möglichkeit das Volk dort abzuholen und wieder zurück an meinen Bienenstand zu stellen.

    Junges Volk!?

    Der Schwarm ist der eine (sichtbare) Teil dieses Natur-Schauspiels. Der andere Teil ist das in der Beute zurückbleibende Volk am alten Standort.

    Will man diese beiden Teile miteinander vergleichen, kommt man automatisch zu der Frage: "Welches Volk ist denn nun das alte Volk und welches ist das junge Volk.
    Die Begriffe "altes Volk" und "junges Volk" werden von Nicht-Imkern eigentlich immer falsch angewendet. Auch ich habe bei meiner obigen Beschreibung (um keine unnötige Verwirrung zu stiften) diese beiden Begriffe falsch angewandt. Denn im allgemeinen Verständnis ist immer der Teil, der aus einem anderen heraus "geboren" wurde das neue Wesen oder der junge Teil. Beim Bienenvolk und dem Schwarm verhält es sich anders.

    Denn: Die Beschreibung, ob ein Volk alt, oder jung ist, orientiert sich immer am Alter der Königin, die in diesem Volk lebt.

    Da aber, wie ich oben erwähnt habe, mit dem Schwarm eines Volkes immer die bisherige, also die Lebens ältere Königin aus dem Volk auszieht, ist richtiger Weise der Schwarm immer das alte Volk. Denn die junge Königin ist zum Zeitpunkt des Schwärmens noch gar nicht aus ihrer Weiselzelle geschlüpft.

    In der Beute, aus der der Schwarm ausgezogen ist, schlüpft nämlich erst kurz nach dem Abgang des Schwarms die junge Königin. Damit ist das zurückbleibende Volk aus der (entscheidenden) Sicht der Königin das junge Volk.

    Was kommt danach?

    Schwarm und Nachschwarm, oder mehr... Folgendes läuft in diesem nun jungen Volk ab:

    Zunächst schlüpft, wie eben erwähnt, kurz nach Abgang des Schwarms die junge Königin. Um den Hintergrund des folgenden Vorgangs besser verstehen zu können, muß man sich darüber im Klaren sein, dass die Natur immer auf Sicherheit baut und möglichst wenig dem Zufall überlässt.

    Gerade die Teilungsphase eines Bienenvolkes birgt für die zurückbleibende Einheit ein hohes Risiko. Zunächst steht diese Einheit ohne Königin da. Auch wenn gleich danach die junge Königin schlüpft, so ist diese noch nicht begattet. Bei den Begattungsflügen lauern für die junge Königin viele Gefahren. Plötzlich auftretendes, schlechtes Wetter kann die junge Königin an der Rückkehr in den Bienenstock hindern. Ein Vogel, der auf Beutefang für seine Jungen ist, kann sich die Königin schnappen. Während der Begattung kann die Königin zu Boden kommen und dort Schaden nehmen, sodass sie nicht in die Beute zurück kehren kann. Viele Dinge sind denkbar, sogar der "Zusammenstoß" mit einem fahrenden Pkw könnte das Ende einer jungen Königin bedeuten.

    Weil die Natur Risiken im Entwicklungsplan berücksichtigt, sind in einem schwarmreifen Bienenvolk immer mehrere Weiselzellen in unterschiedlichen Altersstadien angelegt. Je nach Stärke des Volkes können dies zwischen 10 und 20 Weiselzellen sein, die vom Stadium eines Stiftes im Weiselbecher bis zur schlupfreifen Königin alle Altersstadien aufweisen.

    Tüten und quaken:
    Wenn also nun die junge Königin geschlüpft ist, dann hat sie im gleichen Stock Konkurrentinnen in Weiselzellen, die vielleicht gleich alt, oder nur einige Tage jünger sind. Diese Konkurrentinnen wollen ebenfalls schlüpfen und ihre Chance auf den Aufbau eines Bienenvolkes wahr nehmen. Kurz vor und kurz nach dem Schlupf vibrieren die jungen Königinnen mit ihrer Flugmuskulatur, dem Brustkorb und den Flügeln. Vermutlich trainieren die Königinnen dadurch ihre Flugmuskulatur, um die folgenden Flüge beim Schwarm und der Begattung absolvieren zu können. Die gerade geschlüpfte Königin ist dabei nicht mehr in ihrer Weiselzelle eingesperrt, sondern sitzt zwischen den Bienen auf der Wabe.

    Die Vibrationen der geschlüpften Königin auf der Wabe hören sich durch diesen Umstand etwas höher an, als die der ungeschlüpften. Es klingt wie ein leichtes Tüten. Dagegen hören sich die Vibrationsgeräusche der ungeschlüpften Königinnen, bedingt durch den Einschluss in die Weiselzelle aus Wachs, eher wie ein Quaken an.

    Gelenkt durch diese Geräusche, sucht die eben geschlüpfte Königin die Zellen der quakenden Königinnen auf, beißt das Wachs der Zellen an der Seite auf und tötet durch diese Öffnung mit einem gezielten Stich die Kontrahentin in ihrer Weiselzelle. Denn in einem gesunden Bienenvolk kann es nur eine Königin geben.



    Im zurückbleibenden Volk werden innerhalb weniger Tage die beim Schwarm abgegangenen Flugbienen durch zahlreiche Jungbienen ersetzt. Beim Schwärmen fliegen zwar bis zu 80% der Bienen aus dem Stock. Die Brut bleibt jedoch komplett zurück und füllt den entstandenen Bienenverlust schon nach wenigen Tagen wieder vollkommen auf.

    Auch die Schwarmzellen, in denen zum Zeitpunkt des Schwärmens nur Stifte, oder Maden vorhanden waren sind in den Folgetagen nach dem Schwärmen älter geworden. Die jungen Königinnen in diesen Zellen beginnen nun ebenfalls mit der Flugmuskulatur zu "quaken" und machen sich so bemerkbar.

    Wenn das Volk in diesem Stadium wieder so stark ist, dass die Voraussetzungen für einen weiteren Schwarm gegeben sind, dann fällt innerhalb von ca. einer Woche der Nachschwarm. In einem Volk von normaler Stärke wird es ohne Eingriffe des Imkers zumindest zu diesem einen Nachschwarm kommen. Der Verlauf des Nachschwarms ist genau der gleiche, wie beim Vorschwarm. Einziger Unterschied ist die Tatsache, dass dieser Schwarm nun (bezogen auf das Alter der Königin) tatsächlich ein junger Schwarm ist, obwohl auch dieser Schwarm älter ist, als das zurück bleibende Volk. Die wertvolleren Schwärme eines Volkes sind also in der Regel immer die Nachschwärme.

    Auch nach Abgang dieses Nachschwarms wiederholt sich im Volk der Vorgang des "Königinnenmordes". Wenn das Volk auch danach durch schlüpfende Brut in der Lage ist, die Beute komplett auszufüllen, und Schwarmstimmung zu erzeugen, kann noch einmal ein zweiter Nachschwarm aus der gleichen Beute fallen. In "Schwarmjahren", in denen kurz vor der Schwarmzeit extrem gute Tracht und gleichzeitig in den Beuten für die alte Königin jede Menge Platz ist, um ein großes Brutnest anzulegen, können auf diese Weise mehr Schwärme anfallen, als dem Imker lieb ist.

    Ein vor dem schwärmen sehr starkes Volk kann sich auf diese Weise regelrecht "abschwärmen", bis nach dem zweiten Nachschwarm nur noch wenige ganz junge Bienen und kaum noch Brut in der Beute übrig bleiben. In der Folge kann es sogar erforderlich sein, dass der Imker von einem solchen Volk die Honigzargen entfernen muss um das Raumangebot auf das geringe Bienenvolumen anzupassen. Das junge Volk kann sich aber dann wieder rasch erholen, da es ja "gereinigt" von allen Altbienen und bestückt mit einer jungen Königin die beste Ausgangssituation für ein gesundes Volk besitzt.

    In einem normalen Jahr sollte aber mit dem ersten Nachschwarm die Sache erledigt sein. Die zweite Königin, die nach dem Fall des Nachschwarmes geschlüpft ist, hat dann alle Konkurrentinnen abgetötet, fliegt zur Begattung aus und verbleibt bis zum nächsten Jahr als "Herrscherin" in dem Bienenstock zurück. Sollte diese letzte Königin jedoch beim Begattungsflug verloren gehen, so wird das Volk weisellos und stirbt ab. Denn ohne Königin und jüngste Brut, die ja inzwischen nicht mehr im Stock vorhanden ist, kann sich ein Bienenvolk nicht reproduzieren. Dieses Szenario tritt aber in der Natur höchst selten ein.

    Denn:
    Auch der Begattungsflug einer Königin ist von der Natur so ausgelegt, dass die Wahrscheinlichkeit der Rückkehr der begatteten Königin in den Stock sehr hoch ist.